Eine unscheinbare Dose Kokosmilch

So ein Mist! Kaum habe ich meine Einkäufe für die Osterfeiertage im Kühlschrank und im Keller verstaut, da fragt mich meine Frau, ob die Kokosmilch tatsächlich so teuer geworden ist, wie unser Besuch erzählt hat.

Oh je, die Kokosmilch, die habe ich doch tatsächlich vergessen! Also, wieder zurück ins Auto und erneut ins österliche Einkaufsvergnügen eintauchen. Zuerst steure ich den ersten von insgesamt drei Discountern im Ort an. „Nein, Kokosmilch haben wir diese Woche nicht im Angebot.“ Die gleichen Antworten bekomme ich in Nummer zwei und drei zu hören. Also bleiben noch zwei Supermärkte für meine beiden Dosen Kokosmilch. Nummer eins führt – wie die Discounter – mein Objekt der österlichen Begierde nur gelegentlich im Sortiment. Und Nummer zwei? Hier werde ich endlich fündig.

Es steht allerdings nur noch eine Dose zum üblichen Preis von € 0,79 im Regal. Die andere Marke, die aus dem Bio-Angebot entstammt, kostet glatt einen Euro mehr, also € 1,79. Okay, wer das Ausgefallene liebt und noch dazu unter Druck steht, der muss tiefer in die Tasche greifen. Zähneknirschend, denn noch letzte Woche waren die Regale proppenvoll und heute ist kaum noch eine Dose zu kriegen. Die Dame an der Kasse weiß auch keine Antwort auf meine Nachfrage. Allerdings erfahre ich von ihr, dass der Besitzer des Asia-Imbisses an der Ecke sich im Laufe der Woche mit Dosen en masse eingedeckt hat.

Zuhause angekommen kann ich nun meiner Frau die beiden Dosen präsentieren und ihr von meiner umfangreichen Suche berichten. Diese lacht nur und meint ganz trocken: „Da hättest du aber doch besser zwei Biodosen Kokosmilch gekauft!“ Okay, nächstes Mal, aber bevor ich auf die Suche nach den vermeintlichen Gründen für die gestiegenen Preise von Kokosnüssen mache, beginne ich erst einmal mit dem Schnippeln für unseren Blumenkohlcurry.

Ein leckeres Gericht! Statt den Pfannkuchen werden wir beim nächsten Mal Reis als Beilage essen. Zurück zur Kokosnuss und den Gründen für den außergewöhnlichen Preisanstieg in den hiesigen Warenregalen.

Während in Thailand jahrlang die Erzeugerpreise für Kokosnüsse auf niedrigstem Niveau im Keller vor sich her dümpelten, haben wir uns hier zu lande, im fernen Norden, natürlich an diesen niedrigen Preis von unter einem Euro gewöhnt. Mit der Folge, dass viele thailändischen Plantagenbesitzer die Faxen dick hatten und mit der Axt vollendete Tatsachen schufen. Erleichtert wurde es den Bauern dadurch, dass, wie auf Koh Samui, finanzkräftige Investorengruppen händeringend Plätze für Hotelanlagen suchten. Was liegt da näher als seinen Grund und Boden zu verkaufen und in einem der entstehenden Traumparadiese sein Auskommen als Kellner, Reinigungskraft, Koch, Gärtner oder Fahrer zu finden.

1 Euro 79 statt € 0,79 drückt mich nicht wirklich. Jetzt, da ich die Hintergründe in Erfahrung gebracht habe, schon gar nicht. Klar, wenn es schon in Thailand, einem der führenden Hauptanbauländer für Kokosnüsse, keinen Nachschub mehr gibt, warum dann hier? Kann ich es den thailändischen Bauern verdenken? Nein, natürlich kann ich, der sich im Vergleich zu den eigentlichen Verbrauchern die Kokosnüsse für einen Apfel und ein Ei im Supermarkt kaufen kann, den Bauern vor Ort, die vom Anbau ihrer Früchte leben, dies ihnen nicht verdenken.

Aber mir kommt die Galle hoch, wenn ich sehe, wie gedankenlos wir Menschen mit unseren natürlichen Ressourcen umgehen. Ohne Kokospalmen keine Nüsse, keine hochwertige Faserstoffe, kein Kokosöl und vor allem noch weniger Schutz vor Stürmen. Und was geht mich das an, der nur ab und an Kokosmilch aus der Dose konsumiert?

Alles ist austauschbar. Alles kann in Dosen verpackt werden. Wenn nun, statt der Kokosnüsse, da Tomaten hineingepackt werden, sind wir mittendrin im globalisierten Verteilungskampf vor der europäischen Haustüre. Denn seit China mit seinen Tomaten den europäischen Markt, hier vor allem den italienischen, aufrollt, setzen die dortigen Produzenten auf den afrikanischen Markt über, u.a. nach Ghana, und verdrängen dort die heimischen Produzenten vom Markt.

Ein Kreislauf ohne Ende, bei dem es nur Verlierer geben kann. Nämlich die Menschen, die sich aus purer Not aufmachen und ihr Heil an den Futtertrögen der reichen Länder im Norden suchen.
schlafmuetze - 14. Okt, 21:18

Hallo HerrPlattezumStein

Eine interessante Ausführung eines großen Problems.
Ich freue mich ehrlich auch einmal eine Meinung zu lesen, die der meinen entspricht.
Wenn wir nicht alles "billigbillig" bekommen können, geht hier wohl die Welt unter.
Nur wenigen Mitbürger machen sich Gedanken über die Menschen, die im asiatischen und afrikanischen Ausland für "fast nix" unsere Bedürfnisse nach Waren zu Schleuderpreisen befriedigen sollen.
Deren Familien manchmal nicht einmal eine ordentliche Mahlzeit am Tag bekommen.
Manchmal ist die Welt zum k***en.
Danke für den super Beitrag.
Grüßli :-)

herrplattezumstein - 21. Okt, 12:18

Eine unscheibare Dose Kokosmilch

Hallo Schlafmütze,
auch wenn die Welt manchmal zum aus der Haut fahren ist, es gibt zum Glück immer noch den ein oder anderen Gleichgesinnten.
Können Sie sich noch an den Poster - mit einem indianischen Häuptling darauf - erinnern, auf dem stand:
"Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen, werdet ihr feststellen, dass man Geld nicht essen kann."?
Das Poster hing in meiner ersten Bude. In diesem Sinn: Howgh

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