Zu Guttenberg – eine Zustandsbeschreibung
Dass Freiherr Karl-Friedrich zu Guttenberg seinen Doktortitel mit unlauteren Mitteln erworben hat, dazu hat er sich nach einigen Windungen bekannt. Dass ihm das politische Hemd zu kurz geworden ist, hat er mit seinem Rücktritt jetzt offen gelegt. Also warum rege ich mich noch darüber auf?
Ganz einfach, weil der Fall Karl-Friedrich zu Guttenberg zeigt, auf welchem Niveau die politische Klasse der Bundesrepublik Deutschland angekommen ist. Da stellt sich die Bundeskanzlerin unmittelbar nach dem Eingeständnis der Verfehlung ihres Verteidigungsministers öffentlich vor diesen und erklärt sinngemäß, dass sie ja schließlich keinen wissenschaftlichen Mitarbeiter eingestellt habe, sondern einen fähigen Politiker.
Und an diesem Punkt verschlägt es mir die Sprache. Wie kann ein Politiker sein Fehlverhalten so ungestraft herunterspielen und anschließend mit der Rückendeckung seiner Vorgesetzten versuchen zur Tagesordnung überzugehen, als sei nichts geschehen. Immerhin ist er Verteidigungsminister, Mitglied einer Adelsfamilie und des Wählers auserkorener Liebling. Da sollte man doch annehmen, der Mann weiß auf welchem glatten Parkett er tanzt.
Da er sich als Adelsspross in die rauen Niederungen der Politik begeben hat, darf man davon ausgehen, dass er dies mit dem moralischen Marschgepäck in seinem Ränzlein getan hat. Dieser wird in jedem Fall die vier Kardinaltugenden enthalten haben. Nämlich: Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung. Was mich so sicher macht? Das Haus derer von Guttenberg. So untadelige und integere Persönlichkeiten, wie Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg, Wehrmachtsoffizier und von 1967 bis 1969 Staatssekretär im Bundeskanzleramt und dessen Sohn, Georg Enoch zu Guttenberg, Dirigent, Chorleiter, Mitbegründer des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland sowie Vater des derzeitigen Verteidigungsministers.
Wenn dieser nun vor dem Bundestag einräumt „hochmütig“ geglaubt zu haben, er könne familiäre, politische und wissenschaftliche Anforderungen in Einklang bringen und sei jedoch letztendlich an dieser „Quadratur des Kreises“ gescheitert, dann mag ein geneigter Zuhörer dies als eine demutsvolle Geste des ertappten Sünders werten. Doch wenn ein paar Minuten später der gleiche Herr auf die Nachfrage, ob er im Rahmen der Abgabe seiner Doktorarbeit ein Ehrenwort abgegeben habe, erklärt, er habe lediglich eine ehrenwörtliche Erklärung abgegeben, dann schrillen bei den Kritikern die Glocken. Hat er jetzt sein Ehrenwort abgegeben oder nicht? „Nein!“ entgegnet der Freiherr zu Guttenberg, es sei „eine Erklärung gewesen, die man abgibt, und kein Ehrenwort.“
Nun denn. Wo bleiben die Kardinaltugenden, Herr zu Gutenberg? Wo bleibt die ethisch-moralische Grundhaltung? Wo bleibt das Streben nach Freiheit von Sünde? Wo bleibt die Bereitschaft Leid auszuhalten? Und wo bleibt die Fähigkeit zur Selbstbeschränkung?
Wie will dieser Verteidigungsminister jetzt noch vor seinen Untergebenen, den Offizieren und Soldaten bestehen? Wie will er seine große Herausforderung, die Neuordnung der Bundeswehr, umsetzen? Um das Ausmaß dieses sich auftuenden Grabens zu zeigen, sei hier auf die Schrift „De officio – Zu den ethischen Herausforderungen des Offiziersberufs“ von Peter Blaschke und dem Evangelischen Kirchenamt für die Bundeswehr verwiesen. Hier werden die drei Maxime des Offiziers aufgezeigt, denen er verpflichtet ist.
Von einem Offizier wird verlangt, dass er „selbst-steht“. Was nichts anderes heißt, als das er selbst denken und seine Meinung auch vertreten muss. Folglich ergibt sich aus dem „Selbst-Stehen“ Wissen und Bildung, die der Offizier an seine Untergebenen weiterzugeben hat. Da das Wissen und Bildung sich aber ständig weiterentwickelt, braucht der Offizier einen festen Standpunkt.
Der Offizier muss auch für seine Untergebenen „ein-stehen“. Er muss die ihm anvertrauten Menschen verstehen. Dies heißt, dass ein Offizier offen für die anderen sein muss. Gewiss ist Offenheit ein Wagnis, aber nur so kann Vertrauen wachsen.
Zu guter Letzt muss der Offizier „vorn-stehen“. Von ihm wird mehr erwartet, als von seinen Untergebenen. Denn diese erwarten von einem Offizier, dass er in der höchsten Gefahr, die er schließlich durch seinen Befehl heraufbeschworen hat, vorangeht. Ein Offizier, der „vorn-steht, weil er mehr weiß und mehr Verantwortung trägt als seine Untergebenen, ist ein Vorbild.
Diese Maxime nur dem Freiherr zu Guttenberg um die Ohren zu schlagen, ist unredlich. Denn auch dieser ist nur ein Rad im ächzenden Politikgetriebe. So wie er an den Strippen zieht, wird er an diesen durch den Ring gezogen. So im Fall Opel, wo er sich, knapp 100 Tage im Amt als Wirtschaftsminister als Hofhund der Sozialen Marktwirtschaft präsentieren durfte. Nur an der Entscheidung der Bundeskanzlerin änderte dies keinen Cent. Statt, wie von zu Guttenberg gewollt, Opel in eine Planinsolvenz zu schicken, entschieden sich Angela Merkel und ihr damaliger Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier für einen Einstieg des österreichisch-kanadischen Automobilzulieferers Magna bei der Adam-Opel AG – mit staatlicher Unterstützung.
Der Hofhund durfte laut bellen, blieb aber an der Leine. Denn - so die Bundeskanzlerin vor der Presse - Guttenberg habe wesentliche Beiträge beim Opel-Verhandlungsmarathon geleistet. Und er habe „den Finger in die Wunde gelegt“. Unter Strich sei ihr Wirtschaftsminister seiner Rolle „in hervorragender Weise“ gerecht geworden.
Und Angela Merkel? Sie hatte mal wieder im eigenen Haus gezeigt, wer die Chefin im Ring ist. Zugleich riss die Kanzlerin aber nicht alle Brücken, wie im Fall von Friedrich Merz, zwischen sich und ihrem möglichen Kronprinzen ab. Zu Guttenberg wurde Verteidigungsminister. Natürlich kein Amt mit Strahlkraft in Richtung Wählermassen, aber dafür mit erheblichem Gefahrenpotential die Aura des Strahlemannes einzubüßen. Und nun stehen wichtige Wahlen ins Haus. Daher spielten Merkel und zu Guttenberg bis auf den Tag des Rücktrittes als Verteidigungsminister voll auf Zeit. Aus der Sicht dieser Politiker mag dieses Machtspiel zu verstehen sein.
Aus meiner Sicht nicht. Hier wird lediglich um Macht geschachert. Hier wird keine Politik gemacht. Denn politische Führung heißt klare politische Zielvorgaben und feste Ziele zu geben. Mitnichten heißt politische Führung Machtmanagement bis in die kleinste Verästelung. Eine Besinnung der politischen Klasse auf die drei Maxime der Offizierslaufbahn „Selbst-Stehen, Ein-Stehen und Vorn-Stehen“ könnte ihnen und damit auch uns Wählern helfen auf den Boden der Tatsachen zurückzufinden.
Ganz einfach, weil der Fall Karl-Friedrich zu Guttenberg zeigt, auf welchem Niveau die politische Klasse der Bundesrepublik Deutschland angekommen ist. Da stellt sich die Bundeskanzlerin unmittelbar nach dem Eingeständnis der Verfehlung ihres Verteidigungsministers öffentlich vor diesen und erklärt sinngemäß, dass sie ja schließlich keinen wissenschaftlichen Mitarbeiter eingestellt habe, sondern einen fähigen Politiker.
Und an diesem Punkt verschlägt es mir die Sprache. Wie kann ein Politiker sein Fehlverhalten so ungestraft herunterspielen und anschließend mit der Rückendeckung seiner Vorgesetzten versuchen zur Tagesordnung überzugehen, als sei nichts geschehen. Immerhin ist er Verteidigungsminister, Mitglied einer Adelsfamilie und des Wählers auserkorener Liebling. Da sollte man doch annehmen, der Mann weiß auf welchem glatten Parkett er tanzt.
Da er sich als Adelsspross in die rauen Niederungen der Politik begeben hat, darf man davon ausgehen, dass er dies mit dem moralischen Marschgepäck in seinem Ränzlein getan hat. Dieser wird in jedem Fall die vier Kardinaltugenden enthalten haben. Nämlich: Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung. Was mich so sicher macht? Das Haus derer von Guttenberg. So untadelige und integere Persönlichkeiten, wie Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg, Wehrmachtsoffizier und von 1967 bis 1969 Staatssekretär im Bundeskanzleramt und dessen Sohn, Georg Enoch zu Guttenberg, Dirigent, Chorleiter, Mitbegründer des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland sowie Vater des derzeitigen Verteidigungsministers.
Wenn dieser nun vor dem Bundestag einräumt „hochmütig“ geglaubt zu haben, er könne familiäre, politische und wissenschaftliche Anforderungen in Einklang bringen und sei jedoch letztendlich an dieser „Quadratur des Kreises“ gescheitert, dann mag ein geneigter Zuhörer dies als eine demutsvolle Geste des ertappten Sünders werten. Doch wenn ein paar Minuten später der gleiche Herr auf die Nachfrage, ob er im Rahmen der Abgabe seiner Doktorarbeit ein Ehrenwort abgegeben habe, erklärt, er habe lediglich eine ehrenwörtliche Erklärung abgegeben, dann schrillen bei den Kritikern die Glocken. Hat er jetzt sein Ehrenwort abgegeben oder nicht? „Nein!“ entgegnet der Freiherr zu Guttenberg, es sei „eine Erklärung gewesen, die man abgibt, und kein Ehrenwort.“
Nun denn. Wo bleiben die Kardinaltugenden, Herr zu Gutenberg? Wo bleibt die ethisch-moralische Grundhaltung? Wo bleibt das Streben nach Freiheit von Sünde? Wo bleibt die Bereitschaft Leid auszuhalten? Und wo bleibt die Fähigkeit zur Selbstbeschränkung?
Wie will dieser Verteidigungsminister jetzt noch vor seinen Untergebenen, den Offizieren und Soldaten bestehen? Wie will er seine große Herausforderung, die Neuordnung der Bundeswehr, umsetzen? Um das Ausmaß dieses sich auftuenden Grabens zu zeigen, sei hier auf die Schrift „De officio – Zu den ethischen Herausforderungen des Offiziersberufs“ von Peter Blaschke und dem Evangelischen Kirchenamt für die Bundeswehr verwiesen. Hier werden die drei Maxime des Offiziers aufgezeigt, denen er verpflichtet ist.
Von einem Offizier wird verlangt, dass er „selbst-steht“. Was nichts anderes heißt, als das er selbst denken und seine Meinung auch vertreten muss. Folglich ergibt sich aus dem „Selbst-Stehen“ Wissen und Bildung, die der Offizier an seine Untergebenen weiterzugeben hat. Da das Wissen und Bildung sich aber ständig weiterentwickelt, braucht der Offizier einen festen Standpunkt.
Der Offizier muss auch für seine Untergebenen „ein-stehen“. Er muss die ihm anvertrauten Menschen verstehen. Dies heißt, dass ein Offizier offen für die anderen sein muss. Gewiss ist Offenheit ein Wagnis, aber nur so kann Vertrauen wachsen.
Zu guter Letzt muss der Offizier „vorn-stehen“. Von ihm wird mehr erwartet, als von seinen Untergebenen. Denn diese erwarten von einem Offizier, dass er in der höchsten Gefahr, die er schließlich durch seinen Befehl heraufbeschworen hat, vorangeht. Ein Offizier, der „vorn-steht, weil er mehr weiß und mehr Verantwortung trägt als seine Untergebenen, ist ein Vorbild.
Diese Maxime nur dem Freiherr zu Guttenberg um die Ohren zu schlagen, ist unredlich. Denn auch dieser ist nur ein Rad im ächzenden Politikgetriebe. So wie er an den Strippen zieht, wird er an diesen durch den Ring gezogen. So im Fall Opel, wo er sich, knapp 100 Tage im Amt als Wirtschaftsminister als Hofhund der Sozialen Marktwirtschaft präsentieren durfte. Nur an der Entscheidung der Bundeskanzlerin änderte dies keinen Cent. Statt, wie von zu Guttenberg gewollt, Opel in eine Planinsolvenz zu schicken, entschieden sich Angela Merkel und ihr damaliger Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier für einen Einstieg des österreichisch-kanadischen Automobilzulieferers Magna bei der Adam-Opel AG – mit staatlicher Unterstützung.
Der Hofhund durfte laut bellen, blieb aber an der Leine. Denn - so die Bundeskanzlerin vor der Presse - Guttenberg habe wesentliche Beiträge beim Opel-Verhandlungsmarathon geleistet. Und er habe „den Finger in die Wunde gelegt“. Unter Strich sei ihr Wirtschaftsminister seiner Rolle „in hervorragender Weise“ gerecht geworden.
Und Angela Merkel? Sie hatte mal wieder im eigenen Haus gezeigt, wer die Chefin im Ring ist. Zugleich riss die Kanzlerin aber nicht alle Brücken, wie im Fall von Friedrich Merz, zwischen sich und ihrem möglichen Kronprinzen ab. Zu Guttenberg wurde Verteidigungsminister. Natürlich kein Amt mit Strahlkraft in Richtung Wählermassen, aber dafür mit erheblichem Gefahrenpotential die Aura des Strahlemannes einzubüßen. Und nun stehen wichtige Wahlen ins Haus. Daher spielten Merkel und zu Guttenberg bis auf den Tag des Rücktrittes als Verteidigungsminister voll auf Zeit. Aus der Sicht dieser Politiker mag dieses Machtspiel zu verstehen sein.
Aus meiner Sicht nicht. Hier wird lediglich um Macht geschachert. Hier wird keine Politik gemacht. Denn politische Führung heißt klare politische Zielvorgaben und feste Ziele zu geben. Mitnichten heißt politische Führung Machtmanagement bis in die kleinste Verästelung. Eine Besinnung der politischen Klasse auf die drei Maxime der Offizierslaufbahn „Selbst-Stehen, Ein-Stehen und Vorn-Stehen“ könnte ihnen und damit auch uns Wählern helfen auf den Boden der Tatsachen zurückzufinden.
herrplattezumstein - 1. Mär, 17:56