Ein Wald, eine Heerschar Vögel und ein Frühling, der auf sich warten lässt!

Seit rund drei Wochen, mit dem Entdecken der ersten zarten, sich gelblich färbenden Kätzchen der Haselnusssträucher, bin ich auf der Suche nach dem Frühling. Als ich dann eine Woche später eines schönen Morgens die Tür zum morgendlichen Spaziergang mit meiner Dackeline öffnete und die über Nacht mit einem weißen Winterflaum überzogene Landschaft betrachtete, war ich zuerst tief traurig. Mist, wieder nix mit Frühling!

Kurz nachdem wir, meine Dackeline und ich, das Dorf verlassen hatten, erfasste uns auch schon ein eisig wehender Wind. Forschen Schrittes stemmten wir uns entschlossen gegen ihn und folgten einem Weg, der uns vom freien Feld in Richtung eines schützenden Wäldchens führte. Noch bevor wir die ersten Bäume erreichten, hörten wir auf einmal freudiges Vogelgezwitscher in der Morgenluft.

Kaum hatten wir die ersten Buchen erreicht, erklang, wie von dem Taktstock eines Dirigenten geführt, ein noch stärkerer Kanon von einem Nachbarbaum. Selbst meine Dackeline hob irritiert ihren Kopf in die Höhe und suchte mit mir in den Bäumen nach der rätselhaften Sängerschar. Mir war auf einmal so, als ob ich in einer Voliere eines großen Vogelparks stand. Ständig schwoll das Gezwitschere auf den Bäumen an und kaum gingen wir ein paar Schritte weiter, ließ es wieder nach. Also müssen sich die unsichtbaren Vögel doch bewegen, also müssen sie doch zu sehen sein!

 

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Sie waren es auch. Denn je länger ich unter einem Baum mucksmäuschenstill verharrte und meine Blicke aufmerksam noch oben ins Geäst richtete, desto deutlicher konnte ich die Sängerrunde ausmachen. Zuerst glaubte ich kleine, abgestorbene Blättchen, die zwischen den kahlen Ästen durch die Luft segelten, auszumachen. Doch nach einiger Zeit stellte ich mit Hilfe der plötzlich aus dem Nichts auftauchenden Sonnenstrahlen fest, dass das vermeintliche Grau der Blätter gelbe und grüne Farbtupfer enthielt. Aber das war noch nicht alles, denn diese Farbtupfer ließen sich vom Wind nicht in die Ferne forttragen, sondern versammelten sich wieder paarweise auf den Ästen der umliegenden Bäume.

Das müssen Zeisige, kleine Finken, sein, deren Gefieder schwarz-gelb-grün gefärbt sind! Dazu passte auch, dass sich die Zeisige zum einen im Winter gerne in Schwärme versammeln und sich am liebsten von Birken- und Erlensamen ernähren. Diese beiden Baumarten stehen hangabwärts in einem Quellgebiet tatsächlich in großer Zahl. Zum anderen stimmte der Gesang. Das eilige Gezwitschere klang nicht rein, eher blechern und kam immer aus den Wipfeln der umliegenden Bäumen herunter, worin sich die Zeisige gerne verziehen.

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Der Elefant rollt den Rüssel im Schnee
 

Das war noch nicht alles. Mit einem Mal entdeckte ich auch Goldammern, etwas größere an der Körperoberseite braun gefiederte Kerlchen mit dem für sie charakteristisch gelb gefärbten Kopf. Auch sie versammeln sich im Wintern gerne zu Schwärmen und suchen gemeinsam die Wiesen und Felder nach Samen aller Art ab. Ihr Gesang klingt eine Spur metallisch und beginnt mit einer Serie kurzer Töne und endet mit einem gedehnten Schlussteil. Mein Opa sagte immer, wenn er mit mir auf Streifzügen über die Felder unterwegs war und er dabei den Gesang der Goldammern hörte, den Satz: „Wie-wie-wie-hab-ich-dich-liiiieeeb“.

Ach Vögel, wie sprecht ihr mir in solchen Momenten aus dem Herzen. Da verliert jegliches Grau des Alltags auf einen Schlag seine Wirkung. Auch wenn ihr keine Flötentöne im Winter zaubern könnt, so ist doch euer lebendiger Gesang Balsam für meine winterharte Seele. Mag dieser Winter seit Einführung der Wetterbeobachtung doch der jenige mit der geringsten Sonneneinstrahlung sein. Seit drei Wochen drehe ich mit meiner Dackeline jeden Morgen und jeden Abend immer eine größere Gassirunde - rund um unser verzaubertes, „be-vögeltes“ Wäldchen.

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