Was ist da los?

Daß dunkelhäutige Fußballer in der Bundesliga immer wieder Zielscheibe hämischen Spottes in den Stadien sind, ist nichts Neues. Daran habe ich mich gewöhnt. Aber nun ist diese Art des dumpfen Rassismus auch in der Bezirksliga angekommen.

Am 5. März diesen Jahres wurde die Begegnung zwischen Dostlukspor Bottrop und dem SC Hertha Hamborn in der 87 Minute beim Stand von 1 : 0 vorzeitig abgebrochen. Ein Rauschen im Blätterwald ging danach durch die Republik.

Mittlerweile ist die Sperre des Fußballverbandes Niederrhein gegen das Opfer, den dunkelhäutigen Torhüter des SC Hertha Hamborn, aufgehoben. Am 4. April wird nun ein Verfahren gegen den gastgebenden Verein der Begegnung, Dostulukspor Bottrop, eingeleitet. Dabei soll der Spielabbruch inklusive des Rassismus-Vorwurfes verhandelt werden.

Glaube ich den ersten Stellungnahmen der beiden Trainer gegenüber dem Reviersport, dann frage ich mich natürlich, was die Bezirksspruchkammer nun noch alles aus diesem Sumpf von Dummheit und Niedertracht herausholen will? Zumindest dem Trainer des gastgebenden Vereins scheint der Geduldsfaden gerissen zu sein. Sebastian Stempel will seinen Posten als Trainer des Dostlukspor Bottrop zum Sommer niederlegen. Damit ist doch eigentlich alles vom Tisch?

Mitnichten, denn er zeigt, dass der Rassismus in Deutschland mittlerweile alle Gesellschaftsschichten erreicht hat. Auch die Menschen, die nicht in Deutschland geboren sind, hier aber leben oder, wie es so schön heißt, die in Deutschland ihren Lebensmittelpunkt haben.

Wenn also zwei Fußballmannschaften tief aus dem Westen, irgendwo in Duisburg, auf dem Fußballplatz aufeinandertreffen, dann prallen somit auch ihre Konflikte aufeinander. Wenn beide Vereine, die größtenteils aus türkischen Mitgliedern bestehen, am Pranger stehen, dann wird uns, den deutschen Normalbürgern, damit aber auch deutlich vor Augen geführt, wie sehr der bundesdeutsche Alltag dem Leben auf einem Hühnerhof gleicht.

Jedem geht es nur darum, dem anderen gegenüber seinen Platz in der Gesellschaft zu behaupten und dabei seine Stellung auszubauen. Ohne Rücksicht auf Verluste. Dieses bundesdeutsche Geschicklichkeitsspiel ist klassenlos. Alle Teilnehmer brauchen nur hier ihren Wohnsitz zu haben und können durch Schmieden von Allianzen zu Haupt- oder Nebenfiguren in diesem Spiel ohne Grenzen werden. Jeder spielt gegen jeden. Anders ist nicht zu erklären, dass sich Zuschauer, wie die in Hamborn, größtenteils türkische Mitbürger, sich einen afrikanischen Spieler auf dem Feld herauspicken und diesen niedermachen.

Spreche ich mit Jugendlichen, die eine Klasse mit türkischen Mitschülern besuchen, dann sagen mir diese, dass Afrikaner oder Dunkelhäutige für die doch das letzte sind. Neger, Niger oder Affe, wie die Überschrift im SPIEGEL lautet, sind gängige Schimpfworte unter den türkischen Jugendlichen. Warum also sollen deren Eltern diese Schimpfworte fremd sein?

Aber die türkischen Eltern und ihre Kinder müssen sich hier im Alltag der rauen Wirklichkeit beugen. Kümmeltürke, Eselstreiber sind noch die harmlosern Worte, die sie zu hören bekommen. Warum also – um beim Bild auf dem Hühnerhof zu bleiben – soll es anderen Menschen aus fernen Kulturen besser gehen als ihnen? Warum soll es Afrikanern besser gehen? Hinten Anstellen!

Ganz deutlich wird dieser stille Aufschrei ein paar Kilometer von Hamborn entfernt in Rheinhausen-Bergheim. Hier im Zusammenhang mit dem Zuzug von Roma aus Rumänien und Bulgarien. Auch hier – im Schlagschatten der deutschen Mitbewohner – mokieren sich nicht wenige Türken über die Zigeuner. So als ob das Gesindel vom Balkan hier nichts zu suchen habe.

Die Frage nach dem wer oder was, berührt mich nicht. Für sie habe ich kein Verständnis. Mich berühren nur Menschen. Egal, woher sie kommen und wohin sie gehen. Insofern wage ich jetzt ein Gedankenspiel. Rein hypothetisch!

Wir verlegen die Begegnung aus dem Ruhrpott hinaus auf das platte Land. Dort lassen wir zwei Mannschaften aus deiner Bezirksliga janz weit draußen gegeneinander antreten. Und was hörst du da für Parolen? Du warst schon lange nicht mehr auf dem örtlichen Fußballplatz? Schade, denn was hier alles zu hören ist, spottet jeder Beschreibung. Kümmeltürke, Russe, Jude, Zwiebelfresser. Wie heißt es so schön: „Fußball ist nichts für Weicheier!“

Rassismen jeder Art haben nur dicke Eier und die haben kein Platz auf dem Platz. Nicht zu vergessen: Zum Spiel gehört Anstand. Und der verbietet Ehre abschneidende Bemerkungen. Solche wie Beleidigungen der Mutter, des Vaters, der Geschwister, einer Nation oder einer Religion!

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